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Der einfache und der schwierige Fall

Die Medizin kennt eine umfangreiche Kasuistik rheumatischer Erkrankungen. Grob unterscheidet man ent- zündliches Rheuma der Gelenke, Abnutzungskrankheiten der Gelenke (Arthrosen) sowie Weichteilrheuma, die entsprechende Behandlungsmethoden nachziehen. Es ist wiederum verblüffend, wie diese Zivilisations- krankheit, bei der das Immunsystem über­schießt, ein qualitatives Aussehen in der Atembewegung an- nimmt. Wie bei allen immunologischen Belastungen existiert beim Rheumatiker eine Spannung um den 9. Brustwirbel, bei dem die vegetativen Nerven­fasern zur Versorgung des lymphatischen Systems austreten. Wir finden diese Beeinträchtigung eines eutonen Atemablaufs übrigens ebenso beim Asthmatiker und Allergiker sowie Stotterer und Migräniker. 

Dieses einfach-abstrakt ätiologische Charakteristika begründet einen gestörten Einatemantagonismus zwi- schen absenkendem Zwerchfell und ausweiten­der Zwischenrippenmuskulatur. Denn durch die Brustwirbel- blockade des 9.ten werden zugleich die unteren Rippen fixiert und damit die Bewegung des Brustbeins eingeschränkt. Dadurch wird das Zwerchfell in seiner Bewegung beein­trächtigt. Die normalerweise nach unten sich absenkende Zwerchfellbewegung kann sich nicht im Verhältnis zu einer Gegenspannung ent- falten, die durch das Nach-vorne-gehen des Brustbeins und das gleichzeitige Aufdehnen der Zwischenr- ippenmuskulatur entsteht. Damit ist aber nicht nur der muskuläre Atemmechanismus beeinträchtigt und eine Vollatembewegung verunmöglicht, sondern auch der optimale Aufbau von ausgeglichenen Gesamt- spannungen des Organismus beeinträchtigt, .

Ob sich nun das Zwerchfell hoch- oder tiefstellt, ist von der individuellen Leibesbiographie, vorhergehenden Krankheiten und einer aktuellen seelischen Konfliktlage abhängig. Aber auch unverträgliche Zahnwerkstoffe und geopathische Belastungen können eine wichtige Rolle spielen. Geht  es nach oben wie bei Stotterern oder Asthmatikern, so wird die Regelgüte der Atembewegung vor allem durch Außeneinflüsse überhitzt und labilisiert. Bei Tiefstellung des Zwerchfells, wie bei Migränepatienten oder Rheumatikern wird die Atembe- wegung dagegen träge und schwerfällig.

Diese Überlegung unterstellt bei Stotterern eine immunologische Bela­stung. Dies hört sich fremd an und bedarf einer kurzen Erläuterung. Vergessen sind in der Weimarer Zeit angestellte Untersuchungen. Mit den damalig noch unzureichenden Methoden konnte bei 85 % der Stotterer eine virale Belastung festgestellt werden, die teilweise bereits im Mutterleib angelegt worden ist. Trifft diese immunologische Belastung auf eine konstitutionell hohe Empfindsamkeit, so dürften jene Entwicklungsprozesse in der zweiten Kindheits- phase nicht mehr optimal bewältigt werden, in denen die Zwischenrippenmuskulatur für das Erleben bedeut- sam wird. Allzu leicht können sich Erregungszustände wegen der Immunblockade am 9. Brustwirbel am oberen Brustkorb aufstauen und dadurch den Sprachfluss behindern. Aus dieser Sichtweise sind deshalb das Immunsystem stärkende Hilfen der Homöopathie und Isopathie sinnvoll.

Für das Rheuma sind Aufstauungen der Atembewegung im Bauchraum charakteristisch. Die energetischen Blockaden ziehen eine Absenkung der Nieren und Eigencortison produzierenden Nebennieren nach sich, weil deren ständiger Hub durch das tiefstehende Zwerchfell ausfällt. Das bei Rheumakranken blockierte Zwerchfell mit chronischem Tiefstand dürfte ebenso für die Funktionsweise aller benachbarten Organe entscheidend sein: die Leber, die Milz, der Magen, die Bauchspeicheldrüse und der Darm sowie das Herz stehen mit der dreidimensionalen Lungenentfaltung in funktionellem Zusammenhang.

Eine ungenügende Atembewegung bewegt und massiert weniger den Darm, dessen Milieu zu einem hohen Anteil, man spricht von 60-80%, dem Immunsystem zugehörig ist. Beeinträchtigt sind bei einer dem Rheumakranken typisch zugehörigen Zwerchfellabhängung sowohl die Resorption der Nahrung als auch manchmal die Ausscheidung. Außerdem dürfte eine Dyssymbiose der Darmbakterien begünstigt werden. Aus dieser Perspektive stoßen wir wieder auf die Allergiebereitschaft und die Unverträglichkeit von Lebensmitteln.

Die Dynamik der Atembewegung formt typische Haltungen zur Umwelt, die wir jedoch nicht mit einem see- lischen Persönlichkeits-Typus identisch setzen wollen. Den gibt es einfach bei keiner somatischen Erkran- kung, woraus fälschlicherweise der Schluß gezogen wird, sie hätten nichts mit der Seele zu tun. Das kon- krete Seelenleben ist gegenüber dem wissenschaftlich erfassbaren Atemleib, seiner räumlichen Ordnung als  Atemtyp und seiner zeitlichen als Atemfreqauenz, neutralisiert. Auf der Ebene des klassischen Körperbegriffs und der substanzialisierten Auffassung der Seele in der wissenschaftlichen Psychologie  existiert eine psycho-physische Indifferenz, die uns nur gestattet, Atemdynamiken des Kranken als Ausfall von anthropologischen Qualitäten zu skizzieren. Auf der Ebene von Atemgestalten, die sich energetisch formen, existieren die Übergänge zu seelisch-geistigen Belastungen, die durch Resonanzabgleiche ermittelt werden können. Diese Bezhiehungen sind aber hier kein Thema.

Vergleichen wir nochmals. Wir hatten beim Emphysemiker eine hohe Eigensinnigkeit und geringe Anpas- sungsfähigkeit an den Außenraum kennen gelernt. Der Migränekranke begegnet seiner Ruhespannung mit ho­her Anpassungsbereitschaft an die Normen der Außenwelt, weshalb ihm innere Distanzen zur Weltan- forderung fehlen und er seinen Eigenim­pulsen wenig nachzukommen vermag. Und der Asthmatiker erlebt durch seinen ständig überdehnten und starren Brustkorb ein ständiges Defizit am Beachtet-sein.

Der Rheumatiker wölbt weder den Brustkorb wie der Emphysemiker, noch hält er die Schultern fest wie der Migränekranke. Er hat auch keinen ständig überdehnten Brustkorb des habituellen Hoch- atmers. Vielmehr staut er - sofern er welchen dort hat - den Atem im Bauch, wodurch die Spannungs­dynamik nach unten sowie nach oben abgebremst wird. Rheumatisch erkrankte Gelenke sind deshalb unterenergetisiert. Mit dieser Bauchfülle wehrt sich der Rheumatiker wenig, macht das meiste mit sich selbst aus und neigt zur anpassenden Rücknahme statt zur deutlichen Abgrenzung. Darunter leidet er, ohne dass er eine seelische Konfliktvirulenz erleben würde. Ist es diese leibseelische Dynamik, die schließlich in die autoaggres­sive Erkrankung des Immunsystems umschlägt?



 

Die Schulmedizin kennt bei Rheuma die Medikation mit ihren erheblichen Nebenwirkungen sowie der opera- tiven Ausräumung der Gelenkinnenhaut, die Verblockung instabiler Wirbel und Operationen zur Verhinde- rung von Nervenschäden und Sehnenrissen. Die Physiotherapie reicht von der Wärme und Kältebehandlung, über Packungen, Wickel sowie Wassertherapie und Massagen bis zur Infrarotbestrahlung, Elektrot­herapie und Ultraschall bis zu den Bewegungsempfehlungen. Sie folgt ebenfalls den Unterscheidungen in verschie- dene Arten des Rheumas. Die Ergotherapie berücksichtigt das Bewegungsverhalten, Sitzen, Stehen und Tragen sowie die Handbewegungen. Sie kennt technische Hilfsmittel und legt ihr Augenmerk auf das Schuh- zeug wie etwa Absatzerhöhungen und Erleichterungen der Abrollbewegungen am Mittelfuß.

In der Ernährungsfrage scheiden sich die Geister. Die Ernährungs­empfehlungen der Schulmedizin orien- tieren sich an der Mischkost und sollen vor allem das Übergewicht abbauen helfen. In der Naturheilkunde werden vielzählige, auch sich einander widersprechende Diäten vorge­schlagen, welche die Schulmedizin insoweit kritisch sieht, als sie nach ihrer Auffassung bestimmte Mangelzustände (Proteine, Kalzium, Eisen) erzeu­gen können, was aber die Vertreter der Naturheilkunde bestreiten. Die Ei­weiß­frage ist dabei wohl die entscheidendste und umstrittenste, weil sie die Allergiefreiheit und Säurearmut der Ernährung betrifft.

Wenig bekannt ist, dass Rheumakranke oft mit einfachsten Atemtechniken gute Erfahrungen machen. Sie können das Zwerchfell lösen und die Beweglichkeit des unteren Brustkorbes mobilisieren, so dass Schmer- zen erheblich nachlassen. Am Atemablauf kann exakt gesagt werden, wann ein Rheumatiker schmerzfrei wird. Dies ist der Fall, wenn sich die Atembewegung anhaltend über den 9. Brustwirbel hinaus über den ganzen Rücken ausbreiten kann. Die Entartung der Atembewegung ist aufgehoben. Deren normales Einschwingverhalten fördern viele alternative und natur­heil­kundliche Verfahren, weil sie direkt oder auch indirekt Entlastung verschaffen.

Einen größeren Zwerchfellausschlag und damit eine verbesserte Span­nungs­­dynamik des Atems kann durch viele therapeutische Verfahren er­reicht werden. In den Kreisen der Elektroakupunktur empfiehlt man eine Peksie der Nieren, wenn die gewöhnliche Nosodenkur nicht hinreicht. Durch das Hochheften der Senkniere wird oftmals eine erstaunlich verbes­serte immunologische Situation erreicht. Durch diese Opera- tion, die das Zwerchfell von der Hebeleistung der Nieren entlastet, kann der Atemfluss ent­scheidend verbessert werden:

Die Atembewegung kann durch diätische Ernährung oder Fasten entlastet werden, wodurch sich der Atem- fluss ebenfalls verbessert. Während des Fastens gibt es übrigens keine Rheumaschmerzen! Dieser Profit kann durch eine strikte Diät, die von einer allergiefreien und säurearmen Kost ausgeht gehalten werden. Sie wird von dem Naturheilarzt Klaus-Ulrich Hoffmann (Rheine) in seinem Buch „Rheuma heilt man anders„ empfohlen. Dieser Heilkundige erkrankte als Student selbst an dem äußerst schmerzhaften Morbus Bechterew und sah sich gezwungen, alternative Heilmethoden zu suchen.

Klaus-Ulrich Hoffmann lernte über 40 Jahre ein schmerzfreies Leben zu führen. Er ist als Arzt zugleich Insi- der der Krankheit. Er beachtet im Rahmen seiner Ordnungstherapie ebenfalls den Zustand der Mundhöhle, arbeitet mit Vitaminen und Mineralien, empfiehlt Spirulina-Algen, um notwendige Proteine zuzuführen, ver- ordnet naturheilkundliche Entgif­tungs­mittel (Sapponine) und rät außerdem zur Darmspülung.

Mit dem Atem sind Stoffwechselfragen gestellt. Der Säure-Basen-Haushalt und ein Abbau der Übersäuerung und überhaupt die Verstoffwechselung von Energiespendern sowie Vitalstoffen (Vitamine und Mineralien) beteili­gen sich rückwirkend wiederum an der Atemdynamik. Johannes Schmitts umfassendes Werk „Atemheilkunst“, das umfassend die naturwissens­chaftlichen Erkenntnisse seiner Zeit zum Atem darlegt, gibt darüber Auskunft, wie eine miserable Atembewegung den Stoffwechsel ruiniert (vgl. S. 167 ff).

Betrachtet man die mit der Atembewegung heute bekannten Vernetzungen, so erhält die bereits knapp vorgestellte Typologie von Hans-Heinrich Reckeweg über die Abwehrmechanismen von Giften einen weiteren Sinn. Die von ihm identifizierten Abwehrmechanismen sind mit der Atembewe­gung verflochten. Durch das abgesenkte Zwerchfell wird die Homöostase sowie die Ökonomie der Selbstregulation beeinträchtigt und der Orga­nismus befindet sich auf dem Weg zur Degeneration, indem seine Leistungen schleichend defizitär werden. Dem wirken die Nosodenkur der Elektroakupunktur sowie andere Ausleitungsverfahren entgegen, indem sie die Atembewegung mobilisieren. Sie ist das allgemein über­greifende Medium, das die Qualität der Abwehr in den einzelnen Zellen und die Ablagerung im Bindegewebe, die reflektorische Nervensteuerung des Vegetativums (Darm, Leber, (Neben) Nieren spezifiziert. Über die Transformationsstation Formatio reticularis ist sie bis hinein in die hormonelle Abwehrproduktion des Gehirns verflochten.

In die mannigfachen Vernetzungen des biologischen Lebens therapieren die verschiedenen alternativen und naturheilkundlichen Verfahren hinein, um die Selbstheilkräfte anzuregen. Grundsätzlich nehmen Alternativ­ verfahren auf die Subjektivität des Organismus Einfluss. Sie widersprechen der naturwissenschaftlichen Doktrin der Heilkunde, wonach jede Krankheit gleich zu behandeln sei. Die Alternativmedizin ist in ihrem Kern eine individualisierte Medizin, die ihre Mittel, Verfahren und Eingriffe sowie Behandlungen nach der Konstitution einer Person anlegt und nicht nach der Krankheit bestimmt. Wir kennen diese Ausrichtung der Therapie bereits aus der Darstellung der klassischen Homöopathie.

Wie bei der Bioresonanz werden bei der Elektroakupunktur alle nach der gleichen Methode behandelt, aber die Medikamente, die in der Nosodenkur gespritzt werden, sind individuell bestimmt. Im Fall des Rheumas unter­scheidet die Elektroakupunktur sich insofern von der Schulmedizin, als sie nicht die Symptomatik wie bei einem akuten Notfall bekämpft, sondern stattdessen mit ihren Ausleitungsverfahren das immunologische Unterfeld stärkt. In dessen Überlastung sieht sie den Grund für das autoaggressive Überschießen des Immunsystems.

Die Elektroakupunktur wendet sich von dem Syndromdenken der schul­medizinischen Klinik ab, das sie nur für akute Not als berechtigt, für chronifizierte Krankheiten als Irrweg ansieht. Sie spürt deshalb über die Punkte der Meridiane die Störung vernetzter Beziehungen auf. Vor allem erschöpft sie sich nicht im Auf- spüren von Allergenen. Sie neutralisiert virale sowie bakterielle Belastungen und vermindert sonstige das Immunsystem belastende Reize, indem sie Eigen- und Fremdtoxine ausleitet und mangelnde Vitalstoffe und Vitamine substituiert.

Gegenüber alternativen Heilverfahren verfährt die etablierte Medizin wie bei jener Rheumakranken, die aufgedunsen von den über ein Jahrzehnt lang eingenommenen Cortisongaben mit wackeligen Gelenken in meine Praxis trat. Man musste kein Prophet sein, um zu sehen, dass sie irgendwann noch intensiverer internistischer Betreuung bedürfen würde, wenn die Nebenwirkungen ihrer Rheumamedikamente die Nieren und das Blutbild geschädigt haben. Das Amalgam hatte sie entfernen lassen. Das Gold wurde sofort ohne homöopathische Ausleitung eingesetzt und war ebenso wenig wie der Zement ausgetestet worden. „Es hat nicht geholfen„. Verschiedene Diäten wurden ausprobiert und sie blieben ebenso erfolglos. Daraufhin aß sie weiter durch Hormone und Antibiotika verseuchtes Fleisch. Die Homöopathie hat sie ebenso getestet wie sie eine Symbioselenkung der Darmflora durchführte. Bei einem derartig malträtierten und über Jahre mit Chemie bombardierten Organismus wirkt jede vereinzelt angewandte Therapiemaßnahme, die auf die Eigenregulation abstellen könnte, allerdings nicht mehr ohne weiteres, weil dem Organismus die modifi- zierende Resonanzfähigkeit fehlt. Sie verabschiedete sich, nachdem ich sie noch nach Kunststoffüllungen in ihren Zähnen gefragt hatte, was sie bejahte.

Aber was wäre möglich gewesen, hätte man sofort beim Auftreten der ersten Symptome biologisch zu arbeiten begonnen und all das ins Blickfeld genommen hätte, was energetisch belastet. Allererst hätte eine Untersuchung der Wohnung und des Zahnstatus vorgenommen werden müssen. Die Ernährung wäre umzustellen gewesen. Und mit klassischer Homöopathie, Bioresonanz bzw. Elektroakupunktur oder verschiedenen naturheilkundlichen Ver­fahren hätte therapiert werden können und eine sanfte Bewegungs- oder Atemarbeit hätte angeraten werden können. Wäre überhaupt eine Erkrankung eingetreten, hätte der Haus­arzt über das Verhältnis von Leib und Seele ein weiteres Verständnis gehabt und hätte in Kenntnis der Lebensumstände, Gewohnheiten und vorher­gehenden Erkrankungen zur gesundheitspräventiven Lebens- haltung raten und hierfür zur professionellen Hilfe ermuntern können? Wären überhaupt derartige Degenera- tionen aufgetreten, wenn sie einen Zahnarzt gehabt hätte, der sich den ganzen Menschen ansieht, der fragt, ob sein Patient ge­sund ist, weil er weis, dass sein Tun Auswirkung auf den ganzen Organismus haben kann und sich überlegt, welche Folgen sein Eingriff haben könnte?

 

 

       Eine Therapie, die maßgeblich auf natürliche Regelung und nicht auf das Beseitigen von Symptomen sowie die kausale Krankheits­bekämpfung abzielt, hat ein offenes Ende gegenüber der Nachhaltigkeit ihrer Wirksamkeit und ist damit gegenüber dem schulmedizinischen Verhalten mit einer beträchtlichen Hypothek belastet. Die Person ist gefordert, damit die Kur anschlagen kann. Diese muss nicht nur Konse­quenzen ziehen und Gewohnheiten aufgeben. Um eine die Gesundung herbeiführende Stellung zur Welt zu finden, müssen manchmal die inneren Einstellungen einen tiefgreifenden Wandlungsprozess durchmachen.

Manche können eine pathologische Entgleisung des Organismus innerhalb ihres Lebensgefüges rückgängig machen oder zumindest chronifizierende Belastungen einschränken und durch die Therapie geradezu die nötigen Lebenskräfte wiederfinden, um in eine andere soziale Existenz zu treten. Anderen können wiederum für das Gelingen einer regulativ vorgehenden Therapie die persönlichen, kulturellen oder sozialen Ressourcen fehlen. Man braucht hier nicht nur an den Arbeitslosen zu denken, der von einem sozialen Phänomen in Beschlag genommen ist, das eine eigene kollektive Wirk­kraft von ökonomischen Gesetzen und sozialpsychischen Konstella­tionen gegenüber dem Individuum hat und dieses bedrückt. Statistisch nachweisbar sind Langzeitarbeitslose kränker und sterben erheblich früher.

Der gesundheitliche Status ist vom sozialökonomischen abhängig. Alle diesbezüglichen statistischen Untersuchungen zeigen uns, dass ein schlech­ter Gesundheitszustand eng mit  sozialen Bedingungen zusam­men­hängt. In den Unterschichten tritt die Multimorbidität und funktionelle Einschrän­kung bereits im Alter zwischen 35-40 Jahren ein und nimmt im Alter stark zu, während die Chronifizierungen von Krank- heiten in der Ober­schicht erst mit 65 Jahren einsetzen. Hinzu kommt, wer zur Unterschicht zählt, stirbt früher und erhält weniger Rente für die oftmals aber am längsten eingezahlten Beiträge.

Die Atemarbeit mit den Kranken legt uns besonders nahe, ein langjähriges, oft mit Rückschlägen verbun- denes Arbeiten anzunehmen, in welchem sich zunächst die Befindlichkeit entscheidend verbessert und das Kranksein personal bewältigt werden kann. Ohne die Berücksichtigung dieses sozialanthropoloischen Aspektes können Alternativverfahren letztlich überhaupt nicht bewertet werden. Dies gilt gleichfalls für die Wirkungen der Homöopathie, soweit sie beansprucht, in die seelischen Tiefendi­men­sionen des Menschen hinein Anregungen zu setzen, um chronifizierte Krankheitsabläufe zu unterbrechen. Entsteht kein Selbstbewusstsein, wirkt auch keine homöopathische Konstitutionspille. Therapie verwirklicht sich im Begleiten. Das Heilen wird zur Pädagogik und entfaltet sich in der zwischenmenschlichen Begegnung.

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