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Amalgam - ein psychisches Problem?

Die Alternativmedizin stellt sich gegen landläufige Annahmen, wenn sie nach schulmedizinischer Auffassung völlig gesunde Zähne als Grund für biologische Störungen annimmt. Weil die heutige Schulmedizin über kein befrie- digendes Prinzip verfügt, durch das die Ganzheitlichkeit und Autonomie des lebendigen Organismus zu sichern wäre und das den Arzt als Suchenden anleiten könnte, können Heilungen nach Zahnsanierungen nur noch psychogenen Zufällen zugeschrieben werden, die durch suggestive Abläufe zustande gekommen sind und bei denen es sich folglich um das Ergebnis von außen in die Seele hineinprojizierter Wirkungen handelt. Mit dem Bezug auf Spontanheilungen wird ein finaler Zusammenhang zwischen Dentalbelastung und Krankheit suggeriert, den anzunehmen sich aber die Alternativmedizin versagt. 

Die naturwissenschaftlich orientierte Körpermedizin hat in der letzten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts eine Ergänzung durch psychologische Interpretationen und psychotherapeutische Praktiken erfahren. Man glaubt, dem Wesen des Ganzen entscheidend näher zu kommen, wenn man den harten Fakten der Naturwissenschaften die verstehende Interpretation der Seelenheilkunde beigesellt und sieht in der psychologischen Erklärung gar die Chance, Krankheitsursachen abschließend zu definieren. Nachdem die Dentalfrage verlangt, im energetischen Milieu der biologischen Ordnung des Meridiansystems geklärt zu werden, wo keine Scheidung von Körper und Seele mehr möglich ist, sind auch die psychologischen Denkmittel auf den Prüfstand gestellt, ob sie überhaupt griffig sind, um das Problem angemessen aufzuschließen.

In der Psychotherapie bewegt man sich in den Bahnen des Dualismus und kämpft darum, dass die Schulmedizin den Heilwert von Psychotherapien auch bei somatischen Erkrankungen anerkennt. Dass man sich inzwischen als Zahnarzt psychotherapeutisch qualifiziert um die Seele kümmert, hält man sich zu Recht zugute. Doch das Interesse psychotherapeutisch ausgebildeter Zahnärzte richtet sich nicht auf die seelischen Folgen und Befindlichkeitsstörungen, die durch in die Mundhöhle eingebrachte Werkstoffe hervorgerufen werden. Da wo sich im vergangenen Jahrzehnt Psychologen und Zahnärzte zusammengetan hatten, wurde von amalgamassoziierten Beschwerden und amalgambezogenen Gefährdungskognitionen gesprochen.

Wegen der wissenschaftlichen Formalisierung des Humanen wird in der Frage möglicher dentaler Belastungen selektiv vorgegangen. Exemplarisch für das Ungenügen eines solchen Vorgehens ist eine Fallbeschreibung, die auf der 2. Jahrestagung des Arbeitskreises Psychologie und Psychosomatik in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der DGZMK dargelegt wurde. Das Tagungsthema hieß: „Der psychopathologische Fall in der zahnärztlichen Beratung und Behandlung“.

 In seiner „Einführung in das Tagungsthema“ stellte Hans Müller-Fahlbusch einen Patienten vor, den ein ehemaliger Doktorand von ihm behandelt hatte und der psychopathologisch auffällig geworden war. Der Patient hatte sich beschwert, dass ihm Amalgamfüllungen eingesetzt worden waren, „welche eine bestimmte Frequenz abstrahlen“. „Mit diesen Zahnplomben“, so im Beschwerdebrief dieses Patienten, „habe ich die Möglichkeit, mich anderen Leuten mitzuteilen. Außerdem wurde ich von Herrn Dr. K. mit Be-täubungsspritzen behandelt, die meines Erachtens auf Augen und Gehirn wirken. Andere Leute haben die Möglichkeit, das was ich sehe, mit Schwarzweiß-Bildschirmen zu empfangen. Außerdem ist es aufgrund der Betäubungsspritzen möglich, meine Gedanken abzuhören.“

Derartige Entfremdungs- und Veränderungsgefühle kommen häufig im schizophrenen Erleben vor. Ein klarer Fall von wahnhafter Halluzination schien gegeben. Offensichtlich traf das diagnostische Ergebnis des Doktoranden zu, zumal Müller-Fahlbusch berichtete, dass dem behandelnden Zahnarzt schon vorher die schwe-re seelische Gestörtheit dieses Patienen aufgefallen und dieser deshalb auch ihm vorgestellt worden sei. Doch beide Argumente, mit dem diese diagnostische Feststellung bestätigt werden sollte, lassen uns aufhorchen.

„Der Patient äußerte damals schon die Vorstellung, dass der vorbehandelnde Zahnarzt ‚illegal’ etwas in die Zahnfüllungen hineinpraktiziert habe, welches bewirke, dass er die Gedanken anderer Leute und die anderen Leute seine Gedanken abhören konnten.“ Ist aber damit ausgeschlossen, dass es gerade diese Zahnbehandlung gewesen sein könnte, in deren Gefolge der Patient klinisch auffällig wurde? Auch wenn derartig Erkrankte oft betonen, manipuliert worden zu sein, was anderes könnten sie denn mitteilen, wenn sie nach einem Zahnarztbesuch schlagartig eine Befindlichkeitsverschlechterung  erlitten haben und sie spüren, dass danach mit ihnen alles anders ist? Müsste nicht im Einzelfall geklärt werden, ob doch nicht durch den damals eingegliederten Zahnwerkstoff die mit dem Muskeltonus gegebenen Abwehrkräfte dermaßen ruiniert worden sind, dass sein Ich zerbrechen konnte und er schließlich ins psychotische Verhalten abglitt?

Müller-Fahlbusch genügt solcher Präzision nicht. Für ihn ist bereits deshalb alles aufgeklärt, weil ein „auswärtiger Kollege schon den Versuch gemacht (hatte), die Amalgamfüllungen durch Kunststofffüllungen zu ersetzen, was aber Wahn und Halluzination dieses Patienten ebenfalls nicht günstig beeinflusst hatte“. Die deshalb gezogene Schlussfolgerung, dass die Amalgamfüllungen keinen erheblichen Beitrag dazu geleistet hätten, den Patienten in die Schizophrenie zu treiben, ist schon deshalb unzulässig, weil die stattdessen eingesetzten Kunststoffe ebenfalls die Dispositionen zu dieser Erkrankung verschärfen können.

Amalgam als ein psychotisches Erleben auslösender Stress ist auch deshalb in diesem Fall nicht von vornherein auszuschliessen, weil es nach einer Zahnsanierung noch informatorisch weiterwirkt, sofern es nicht ausgeleitet wurde. Deshalb muss es homöopathisch oder naturheilkundlich ausgeleitet werden. Außerdem werden bei einer derartig schwerwiegenden Erkrankung meist differenzierte und sich über längere Zeit hinziehende Begleittherapien für nötig gehalten, soll sich der Krankheitszustand nachhaltig verändern.

Die Studie gibt keinerlei Auskunft über sonstige vorhandene Materialien, die mit einer stillschweigenden Selbstverständlichkeit als verträglich angesehen werden. Darüber könnte man mit den von der Alternativmedizin entwickelten Messkünsten Auskunft erhalten und wir wissen inzwischen zur Genüge, dass nicht einmal diese bezüglich der Kunststofffrage ausreichen. Der selektiv betrachtende Wissenschaftbetrieb wehrt sich dagegen, etwas in sein kollektives Gedächtnis einzutragen, was nicht in die vorherrschenden Paradigmen passt. Die von ihm fokussierten empirischen Studien leiden an den hochgradigen Spezialisierungen innerhalb des Medizindualismus von Körperarzt und Seelenarzt  und haben sich gegenüber dem „gemeinsamen Dritten“ von Körper und Seele in der konkreten Biologie, das Gegenstand der Alternativmedizin ist, verselbständigt.

Blickt man auf die Grenzziehungen, die durch einzelwissenschaftlich gesonderte Bereiche entstehen, wundert es nicht, dass gar kein zahnmedizinisches, toxikologisches oder werkstoffkundliches Amalgamproblem existieren soll, sondern dieses nur ein psychisches von Patienten sei. Diese These ist bei Psychologen gängig. Man spricht von einer „Amalgamphobie“ und ist der Auffassung, es sei die labile Psyche, die Menschen mit Amalgamfüllungen in den Zähnen Beschwerden spüre lasse. Zu diesem Ergebnis kommt z.B. auch eine neuere interdisziplinäre Untersuchung. (Bailer, J. u.a., „Adverse healthe effects “).  

Zu dieser Studie kam es, nachdem Wissenschaftler vom „Zentralinstitut für seelische Gesundheit“ in Mannheim die Einstellungen und Ängste in bezug auf das Amalgam erforscht hatten (Bailer, J. u.a., „Amalgamsensitivität“). Nur 38 % der 800 Befragten sahen ihre Gesundheit nicht durch dieses Zahnmaterial bedroht. 60 % vermuteten zumindest eine gewisse, 23 % jedoch sprachen von einer starken Beeinträchtigung ihrer Gesundheit durch Amalgam. Dabei deutete sich an, dass die letzte Gruppe offenbar viele Gefahren aus der Umwelt empfindlich wahrnahm. Diese Personen fühlen sich durch das Rauchen ihrer Mitmenschen sowie durch Schadstoffe in der Luft, in der Nahrung und im Wasser ebenso bedroht wie durch das Amalgam. Diese Ergebnisse, in denen sie krankmachende Umweltkognitionen vermuteten, veranlassten die Mannheimer Wissenschaftler, zusammen mit Zahnärzten und Umweltmedizinern der Universität Heidelberg sowie Münster eine interdisziplinäre Studie vorzunehmen.

Befragt wurden zwei Gruppen von  je 40 Patienten: Zu der einen gehörten Personen, die sich beschwerdefrei wähnten. Die andere setzte sich aus Probanden zusammen, die über erhebliche Beschwerden durch Amalgam klagten. Alle wurden zahnärztlich und medizinisch intensiv untersucht, nahmen an Experimenten zur Selbstwahrnehmung körperlicher Abläufe teil und beantworteten verschiedene psychologische Fragebögen. Weder die Anzahl der Amalgamfüllungen noch die Konzentration von Quecksilber in Speichel, Blut oder Urin konnten derartige Unterschiede in der Befindlichkeit erklären. Die nach harten Fakten suchenden, schulmedizinischen Untersuchungen blieben befundlos. Demnach, so die Schlussfolgerung, ließen sich die Unterschiede nur psychologisch erklären.

Die Patienten der Amalgambeschwerden-Gruppe sind als emotional labil einzustufen. Sie zeichneten sich durch eine leicht depressiv getönte Befindlichkeit und besondere Ängstlichkeit aus. Diese Patienten nehmen sich nicht nur stärker selbst wahr, sondern sind auch eher als die Mitglieder der Kontrollgruppe als pathologisch einzustufen. Da die Mitglieder der Amalgambeschwerden-Gruppe ungleich häufiger als die anderen über körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und ähnliche Störungen klagten, denen nach den schulmedizinischen Untersuchungsmethoden keine klare körperliche Ursache zuzuordnen war, vermutet man seelische Störungen. Im Grunde sieht man das kognitive Einklinken in eine tendenzielle Massenpsychose, weil das Amalgam so vielfach verteufelt würde.

Die eigentlich entscheidende Frage ist aber gerade nicht beantwortet, sondern abgewehrt. Wenn man die Interpretationen der Patienten, die zugleich als physiologische Erregungen festgestellt werden, als Ausgang nimmt. Radikal müsste eigentlich untersucht werden, ob das Zahnmaterial bei dieser Menschengruppe wiederum gerade für die wahrgenommenen psycho-physischen Dispositionen verantwortlich sein könnte? Diese können durch elektrophysiologische Untersuchungsmethoden oder durch den Blick auf die Atembewegung vor und nach einer sachgerechten Zahnsanierung festgestellt werden.

So wie man nach einer Zahnsanierung statistisch überprüfen kann, ob sich der elektrophysiologische Status der Akupunkturpunkte verändert hat, so wäre es auch möglich, die Auskunft eines Atemlehrers empirisch abzusichern und die veränderte Atemweise mit heute möglichen elektronischen Geräten auszumessen. Dann aber würde man sich auf die Sache einlassen und nicht gegenüber dem konkreten biologischen Gegenstand verselbständigte Datenerhebungen psychologischer Einstellungen bewegen, die zwischen amalgamsensitiven und -indifferenten Probanten unterscheiden.

Die interdisziplinären Studien, die sich mit den potentiellen Nebenwirkungen von Amalgam beschäftigen, bleiben alle gegenüber der Frage still, was es jenseits von unauffälliger Datenerhebung bei Vergleichsgruppen und amtlichen Grenzwertfeststellungen für ein jeweiliges Individuum bedeutet, wenn es ständig toxisch wirksame Substanzen aufnimmt und solche an einem energetisch bedeutsamen Ort, dem Zahn eingesetzt bekommen hat. Derartige Überlegungen könnten mit den Methoden der alternativmedizinischen Diagnostik und Therapie differential-diagnostisch aufgeschlossen werden, weil diese einen Zugang zu dem gemeinsamen Terrain von Körper und Seele öffnen, in das sie mit Hilfe von Resonanzphänomenen hineindiagnostizieren, um die nichtstoffliche informatorische Wirkung von Zahnwerkstoffen abzuklären.

Überhaupt wären Ersatzstoffe sowie die Art und Weise von Zahnsanierungen bei jenem Teil der Patienten kritisch zu überprüfen, die sich nicht wohler fühlten, nachdem das Amalgam durch andere Materialien ersetzt worden war. Allein aus der Tatsache, dass sich bei diesen zahnsanierten Patienten keine verbesserte Befindlichkeit einstellte, kann man nicht schließen, dass das Amalgam für die überempfindliche Erlebniswelt und die wahrgenommenen körperlichen Störungen dieser Patienten nicht verantwortlich sein konnte. Denn es könnten ebenso biologisch unverträgliche Kunststoffe als Ersatz verwendet worden sein, die eine ähnliche psychische Beeinträchtigung hervorrufen wie das Amalgam. Überhaupt wäre nach den hier geschilderten Erfahrungen dem Verdacht nachzugehen, dass Kunststoffe  in der Mundhöhle eine derart negative Atemdynamik mit Regulationsstörungen hervorrufen, wegen denen andere Werkstoffe unverträglich werden.Und keineswegs zuletzt ist zu beachten, dass ein in seinen Regulationen bereits stark beeinträchtigter oder erkrankter Organismus einer differenzierten Diagnose bedarf, wenn man beurteilen will, was eine Zahnsanierung erbracht hat. Hier sind die Mäuse dann nicht mehr schwarz oder weis, sondern in den verschiedensten Graustärken lebendig.

 Kann man aber heute bei derartigen Untersuchungen noch die Erfahrungen der bioenergetischen Messkunst außer Betracht lassen? Nur wenn sämtliche Zahnwerkstoffe, die sich jeweils in der Mundhöhle der Probanden befanden, alternativen Testmethoden unterworfen und eventuell sachgerechte (Amalgam-)Sanierungen mit wirklich biologisch neutralen Ersatzmaterialien und entsprechenden Begleittherapien vorgenommen worden wären, hätte man eine gelichtete Auskunft gewinnen können. Auch ein solches Vorgehen könnte man empirisch sicherstellen, wenn man nur wollte.

 Je nachdem, wie eine empirische Studie angelegt wird, wird ein möglicher Erfahrungsraum abgesteckt und sind Erkenntnisgrenzen gesetzt, wodurch das Wahrheitsinteresse jeder noch so konsistenten Hypothesenbildung imprägniert wird. Die Wahrnehmung von Fakten und die entworfene Theorie sind engstens miteinander verknüpft. Keine Empirie existiert ohne Theorie, die keineswegs immer offen artikuliert und konzipiert sein muß. Längst bringt in der Frage der Biokompatibilität von Zahnwerkstoffen der wissenschaftliche Kanon Stillstand.

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   Inhaltsverzeichnis “Ruinöse Zahnwerkstoffe”